Donnerstag, 23. Oktober 2014

C&A setzt auf DATCHA GRUNGE

... Untertitel: make love not war
Nette Idee. "Datcha Grunge" ist übrigens der Name der aktuellen Clockhouse-Kollektion von C&A.
Dass ich mal über C&A poste, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Zu altbacken und bieder. Diese Kollektion ist aber eindeutig matrjoschka-dawaj-"würdig", sprich es gibt Folkorestil à la Osteuropa. Hübsch bestickte Blüschen und Röcke. Dazu Strick im Tapisserie-Look. Der ist aus 100 % Polyacryl, was die klassische C&A-Kundin aber glaube ich nicht schreckt. Für mich wäre das nichts, was jedoch nicht heißt, dass ich den Laden ohne Beute verlassen habe. Auf mich wartete am Grabbeltisch ein entzückendes Matrjoschka-Shirt. Zwar nicht vom Label "Datcha Grunge", aber make love not war kann ich trotzdem unterschreiben...


Samstag, 18. Oktober 2014

"Das Leben ist nichts für Feiglinge" vs. "Tage, die bleiben" ~ ein Thema und zwei Filme, die unterschiedlicher nicht sein können

"Schade, der läuft ja gar nicht mehr." Eine Aussage meinerseits ohne Seltenheitswert. Ich kann leider sehr phlegmatisch sein, was Kinobesuche angeht. Fällt ein Film dieser lästigen Bequemlichkeit mal wieder zum Opfer, bleibt mir logischerweise nur das Warten auf die DVD-Erscheinung oder die TV-Premiere. Also freute ich mich gestern über Letzteres. Das Leben ist nichts für Feiglinge lief auf arte. Wie gehen Kinder und Ehemann mit dem plötzlichen Tod der Mutter beziehungsweise des Partners um? Ich hatte mir viel versprochen. Von dem Thema, von dem Film. Doch ich bekam keinen Zugang, weder zu der Story, noch zu den Akteuren. Lag es an den vielen Nebenschauplätzen, an den zum Teil flachen Dialogen? Ganz gewiß lag es aber daran: ich verglich. Montag habe ich Tage, die bleiben im hr gesehen. Das gleiche Thema -Tod der Mutter, des Ehepartners- aber komplett anders umgesetzt. Konkret geht es in dem Film von Pia Strietmann um die wenigen Tagen zwischen dem Unfalltod der Mutter/Ehefrau und ihrer Beerdigung. Atmospärisch dicht und dadurch beklemmend realistisch und berührend bewegt sich die Geschichte auf ganz kleinem Raum. Und wirft doch große Fragen auf: Wie "geht" Trauer eigentlich? Wie schafft man es zu funktionieren, den ganzen organisatorischen Kram auf die Reihe zu kriegen, wenn man eigentlich zu nichts fähig ist? Bedarf es erst so einer Extremsituation, um familiär reinen Tisch zu machen? Dazu liefert der Film auch so manch schreiend komische Szene. Mein Favourite: Max Riemelt (Filmsohn Lars ist Jungschauspieler) mit Hape Kerkelings Berliner-Prolo-Rico-Mielke-Kleingärtner-Gedächtnis-Styling bei Barbara Salesch... Herrlich! Überhaupt, der Cast. Dass Max Riemelt, Lena Stolze (hat eigentlich noch jemand die frappierende Ähnlichkeit mit Johanna von Koczian bemerkt?) und Götz Schubert spielen können ohne dass man merkt, dass sie es tun, weiß man. Aber Mathilde Bundschuh? Nie gehört! Für mich die Entdeckung in "Tage, die bleiben". Ihre Filmfigur (Tochter Elaine) macht die größte Wandlung durch. Vom durchgeknallten pubertierenden Teenie zur Rilke-Versteherin, behält sie als einzige den Überblick, wirkt letztendlich reifer als Bruder und Vater zusammen. Beeindruckend fragil gespielt von Mathilde. Dann wäre da noch Michael Kranz als Bestatter. Eigentlich eine Nebenrolle.  "Sein" Benjamin, der vermeintliche Provinz-Heini, wird mir definitiv im Gedächtnis bleiben...
Fazit: "Tage, die bleiben" ist ganz, ganz großes Kino!!! Auch auf der Mattscheibe...

Montag, 13. Oktober 2014

"Never be afraid to stop traffic"

ist das Motto von Iris Apfel. Ute Patel-Missfeldt redet "Vom Vergnügen anders zu sein."
Beide Ladies meinen dasselbe. Beide Ladies sprechen mir aus dem Herzen. Und: Beide Ladies sind jenseits der 70.
Müßte ich mich auf eine einzige Stilikone festlegen, meine Wahl fiele ohne Zweifel auf Iris Apfel.
Der Begriff Statement-Jewellry müßte für sie erfunden werden, gäbe es ihn nicht schon. Keiner kombiniert Unmengen von Modeschmuck in so nonchalanter Weise wie die 93 (!)-jährige New Yorkerin. Die vor laaanger Zeit mal Interior-Designerin war. Mittlerweile kann sie sich vor Kreativ-Anfragen jeglicher Art nicht mehr retten und macht mal eben Schuhmode. Oder gibt eine Brillenkollektion raus. Naheliegend. Ist doch das schwarze riesige Wagenrad auf Iris Apfels Nase ihr Markenzeichen schlechthin. Seit letzter Woche ist sie nun Testimonial für Other Stories, meinem Lieblingsableger aus dem Schweden-Konzern namens H&M. Und sie beweist mal wieder, dass Mode und Stil eindeutig keine Fragen des Alters sind, ein blaues Printkleid eine 25-Jährige kleidet, aber eben auch eine fast Hundertjährige. Kommt halt auf die Ausstrahlung und die innere Einstellung an.


 © Ari Seth Cohen for Other Stories

Aber man muß nicht unbedingt über den großen Teich. 50 Kilometer nördlich von Augsburg - in Neuburg an der Donau- wohnt eine nicht minder kreative Künstlerin mit Hang zum Außergewöhnlichen: Ute Patel-Missfeldt. Malerin. Karikaturistin (für mich persönlich das weibliche Pendant zu Manfred Deix.
Ihre Weibsbilder! Herrlich!!!). Dozentin. Buchautorin. Opernintendantin. Modesignerin. Organisatorin der weltgrößten Hutmesse, etc. Und das mit dem traffic stop könnte sich in Neuburg durchaus schon ereignet haben. Riesige Hüte und handbemalte Seidenroben sind halt nicht alltäglich in der Provinz. Die gebürtige Bremerhavenerin Ute Patel-Missfeldt ist nicht zu übersehen und leistet fleißig Überzeugungsarbeit contra Mainstream. Motto:
"Die Normalität ist eine gepflasterte Straße.
Man kann gut auf ihr gehen, doch es wachsen keine Blumen auf ihr."*
Der BR drehte vor einigen Jahren die wunderbare Reportage Vom Vergnügen anders zu sein über die Künstlerin im Rahmen der Reihe "Lebenslinien". Gerade erschien die gleichnamige Biografie.
Ich habe sie in einem Tag verschlungen. Absolut lesenswert!



Iris Apfel und Ute Patel-Missfeldt beweisen mal wieder, dass Modebewußtsein nichts mit Oberflächlichkeit  zu tun hat. Gerade in Deutschland wird modisch gekleideten bzw. interessierten Menschen gerne mal unterstellt, nix in der Birne zu haben. Man wird skeptisch beäugt. Im Umkehrschluss bleibt Frau lieber underdressed, damit andere ja nicht denken, man hätte sonst nichts auf dem Kasten. Mode gehört hierzulande leider nicht zum geschätzten Kulturgut. Ganz anders in Frankreich. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt...
Und dann ist natürlich noch die Sache mit dem Alter. Die Angst, unsichtbar zu sein, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Eine 73- und eine 93-Jährige machen vor, wie es geht. Wer gerne noch mehr aufmunternde Beispiele contra praktischem Kurzhaarschnitt & Dehnbundhose hätte, werfe doch mal einen Blick auf den Blog Advanced Style von Ari Seth Cohen!    

* aus dem Buch Vom Vergnügen anders zu sein von Ute Patel-Missfeldt und Karina Albrecht